Warum ich jedes Jahr freiwillig in Hagen laufe? Weil dieser Volkslauf alles hat: Höhenmeter, Bratwurst – und echten Charakter.
Es gibt Dinge im Leben, die sich mit Logik nicht erklären lassen. Zum Beispiel Rosinenbrötchen. Oder meine alljährliche Entscheidung, an Vatertag keinen Bollerwagen mit Bier zu ziehen, sondern beim Hagener Volkslauf an den Start zu gehen. Ja, in Hagen. Die Stadt, die außer Nena, Extrabreit und einem beachtlichen Bestand an Problemimmobilien nur wenig zu bieten hat. Okay, man muss fair bleiben: Es ist die Wiege des Jugendstils – und rein geografisch das Tor zum Sauerland. Ich nenne es lieber: die Nordstadt vom Sauerland.
Aber ich tue Hagen vermutlich Unrecht. Erstens hat Hagen viele coole Laufstrecken. Und zweitens ist es eigentlich nur eine relativ kleine Stadt mit allen Problemen einer großen. Und landschaftlich? Da könnte sie glatt mit Freiburg mithalten: Berge, Wälder, vier Flüsse – Ruhr, Lenne, Ennepe und Volme, dazu der Hengsteysee. Klingt traumhaft. Ist aber Hagen. Und gerade wegen dieser Gegensätze liebe ich diesen Volkslauf so sehr.
Ein Lauf, der keine Gnade kennt (außer im Ziel)
Was mich jedes Jahr wieder hierher treibt? Der Hagener Volkslauf ist ehrlich. Direkt. Und erbarmungslos. Oder hinterhältig? Denn er beginnt ganz harmlos mit einer gemütlichen Runde im Park. Anschließend geht es über Felder und durch ein Wäldchen, über Stock und Stein bergab weiter. Jetzt bloß nicht einlullen lassen! Es wird nämlich bald fies. Eine Verpflegungsstation – und jetzt beginnt der Lauf. Die Strecke schenkt dir nichts. Forstwege, steile Anstiege: Na, atmest du noch – oder jappst du schon?
Hagens grüne Hölle – mit Aussicht
Ich laufe und fluche. Weil es hart ist. Weil es schön ist. Weil es Hagen ist. Der Weg windet sich durch ein erstaunlich sattes Grün, vorbei an Bächen, über Hügel, hin zu einem Windrad. Danach öffnet sich die Szenerie: sanfte Hügel, Kühe, ein gut gepflegtes Asphaltband. Und immer noch geht es bergauf. Wie kann das sein? Es ist ein Rundkurs – aber nach jeder kleinen Bergabpassage folgt zuverlässig wieder ein Anstieg. Wie machen die das?

Dann, endlich, beginnt das große Rollen. Und ja, das ist genau so gefährlich, wie es klingt. Der Abstieg Richtung Ziel ist lang, fordernd, hart. Die Beine sind müde, der Kopf sagt „Vorsicht“, das Herz ruft „Lass laufen!“ Ich versuche die goldene Mitte: kontrolliertes Chaos. Und es funktioniert. Irgendwie. Mit jedem Meter wird klarer: Ich bin bald im Ziel. Ich habe Hagen wieder überlebt.
Bratwurst, Bier – und das gute Gefühl, sich gequält zu haben
Im Ziel angekommen, bin ich einfach nur glücklich. Und hungrig. Zum Glück gibt’s Bratwurst. Und Bier. Beides ist verdient. Ich treffe andere Läufer*innen, die genau wie ich aussehen: fertig, aber stolz. Und alle wissen, dass wir das hier wieder machen werden. Hagen ist einfach herrlich! (Also – für einen Tag.)
Fazit: Ich hasse es. Ich liebe es. Ich komm wieder.
Der Hagener Volkslauf ist kein Lauf für Schönwetterläufer oder Selfie-Jäger. Er ist rau, ungeschminkt – und wunderschön. Die Strecke fordert alles, gibt aber auch viel zurück. Und ja, Hagen bleibt Hagen. Aber für ein paar Stunden ist es der perfekte Ort für alle, die das Laufen nicht nur lieben, sondern leben.
Termin merken: 29. Mai 2025 – Vatertag, Christi Himmelfahrt
Die Anmeldung läuft. Ich bin dabei. Und du?
Bei Hagen kam mir in der Tat auch sofort Extrabreit in den Sinn.
Welch ein Land, was für Männer!