Über die Stimmung beim Venloop im niederländischen Venlo gerät jeder ins Schwärmen, der schon mal an diesem Lauf teilgenommen hat. Ich wollte mich in diesem Jahr zu einer Zeit mit einer 4 hinter der 1 pushen lassen. Hat geklappt. Fast.
1:50:37 — meine bisherige Halbmarathon-Bestmarke sollte beim Venloop 2018 purzeln, bitte mit einer Verbesserung um mindestens 38 Sekunden. Venlo sollte der glanzvolle Schlusspunkt der Vorbereitung auf den Paris-Marathon sein.
Der erste sonnige Lauf des Jahres
Das Wetter meinte es mal wieder gut, und so wurde der Venloop der erste wirklich sonnige Lauf des Jahres. Da die Wasserversorgung an der Strecke wirklich gut ist, bestand kein Grund zur Sorge. Also: Taktik zurechtlegen und ab!
Die Taktik – im Kopf finde ich meist die richtige Herangehensweise. Nur kommen die Infos, mit welcher Pace ich angehen möchte, allzu oft nicht in meinen Beinen an. Die rennen einfach munter drauf los.
Doch nicht dieses Mal. Mein Blick ging gefühlt alle paar Sekunden auf die Uhr, um zu checken, wie es mit der Prognose für die Zielzeit aussah. Da stand eine 1:52:xx – ein gutes Zeichen, dass ich nicht überpace. Ich hielt das Tempo entsprechend gemütlich und legte mir die Strecke so zurecht, dass ich die ersten zehn km in dieser Pace weiterlaufen und in der zweiten Hälfte das Tempo anziehen würde.
Die Zeit und die Pace unter Kontrolle
Die Prognose schwankte zwischen 1:51:xx und 1:53:xx – alles unter Kontrolle also. Allerdings nur fast, denn allmählich verlor ich einige Meter gegenüber den offiziellen km-Marken. Ich musste im Kopf also immer noch ca. 50 Meter hinzuaddieren.
So ging es weiter. Ich lief sehr kontrolliert und konzentriert, auch als meine Beine allmählich schwächer wurden. Da zahlte sich das Stabitraining der letzten Wochen aus. Immer wenn ich merkte, dass ich zu sehr über die Ferse lief und zu große Schritte machte, konnte ich die Haltung und die Schrittfrequenz korrigieren.
Allmählich steigerte ich das Tempo. Die Prognose zeigte 1:50:xx, ich war also bestens auf Kurs. Aber mich störte, dass die Abweichung zwischen den km auf der Uhr und den offiziellen Schildern immer größer wurde. Waren das jetzt 60 Meter? 70? Schon 100? Ich müsste vielleicht einen Tacken schneller laufen, um auf Nummer Sicher zu gehen. Doch es war schon anstrengend genug und die Strecke stellenweise zu voll, um mit Tempo anzulaufen. Memo an mich: Das nächste Mal weiter vorne im Block starten.
Das Tempo sachte verschärft
Also blieb ich beharrlich bei meinem Plan und verschärfte das Tempo nur sachte. Immer wenn Platz auf der Strecke war, nutzte ich ihn. Die letzten zwei km in Venlo sind wirklich schnell. Es geht bergab von einer Brücke kommend und dann durch die Altstadt. Ich drückte aufs Gas und rannte inmer noch relativ kontrolliert.
Noch ein Kilometer, jetzt Vollgas, Tempohärte zeigen. Vom Streckenrand attackierten verschiedenste Gerüche meine Nase: Pommes, Backfisch, Frikandeln – mir wurde leicht kodderig und ich überlegte, ob ich anhalten und kotzen sollte. „Das kann ich im Ziel immer noch“, dachte ich und rannte weiter. Noch eine Kurve, noch eine. Die Strecke nahm kein Ende.
Jubel im Ziel!!!
Dann endlich: der Zielbogen. Noch mal schneller, Ziellinie, Knopf auf der Uhr drücken – 1:49:irgendwas. Ein Jubelschrei!!!
In der festen Überzeugung, die 1:50 geknackt zu haben, ging ich strahlend durch den Zielbereich. Viele Minuten später bekam ich meine Medaille von der Gravur zurück: 1:50:26 stand da.
Die Uhr hat meine Zeit geklaut!
Warum? Wie? Hä? Haben die die Bruttozeit graviert? Kontrolle auf der Uhr. Tatsächlich! Da stand eine handgestoppte 1:50:27. Die 1:49:xx, die ich auf der Ziellinie gesehen hatte, war die von der Uhr ermittelte neue Halbmarathon-Bestzeit – nur dass für die Uhr der Halbmarathon schon 70, 80 Meter früher beendet war!
Tja, was soll ich davon halten? Die Antwort fand ich, als ich im Bus zurück zum Parkplatz stand. Ich hatte einen Halbmarathon erfolgreich beendet, meine Klamotten an der Gepäckaufbewahrung abgeholt und war nun auf dem Weg zur Dusche und zum Auto – und draußen liefen immer noch Halbmarathonis dem Ziel entgegen!
Was sind da schon läppische 27 Sekunden?
3 Antworten auf „Venloop 2018 — mit (fast) perfekter Einteilung zur Bestzeit“