Paris-Marathon 2021 — anstrengender Abschied

Der Paris Marathon 2020/21 ist Geschichte. Vorbei das Training, vorbei der Lauf. Es war der fünfte Anlauf in meiner Lieblingsstadt. Sehr gerne komme ich wieder — aber nicht mehr zum Marathon. Glaube ich.

Ich wusste ja, dass es schwierig werden würde. Die Vorbereitung auf den Paris-Marathon 2021 war nicht optimal und dann gibt es in Paris einfach zu viel zu essen und zu sehen.

Es gibt zu viel Essen in Paris.

Viel Essen, viele Schritte

Das Sightseeing-Programm an den Tagen vor dem Marathon hatte es in sich. Täglich rund 20.000 Schritte, dazu noch üppiges Abendessen. Und irgendwie steckten bestimmt noch Nachwirkungen meines letzten langen Trainingslaufs in den Beinen.

Der Schuh für den Marathon: der Asics Novablast 2.

Immerhin die Schuhfrage ist schnell geklärt, nachdem Asics mir rechtzeitig ein Testpaar des neuen Novablast geschickt und mich der Schuh bei den letzten Intervallen und einem langen Lauf schon überzeugt hat (Review folgt — hier die zum Vorgänger). Kurz hatte ich ja mal mit dem Metaracer geliebäugelt, aber nee…

Tourist oder Sportler?

Nach dem Start kann ich mich nicht so richtig entscheiden, ob ich nur touristisch laufe, also viele Fotos mache und filme, um genug Material für ein schönes Abschiedsvideo zu haben, oder ob ich die Sache sportlich angehe und versuche, das bestmögliche Ergebnis herauszuholen.

Es wird so ein Mittelding — notgedrungen. Das Handy stecke ich vor der Place de la Concorde weg und beschließe, gleichmäßig auf eine Zeit unter vier Stunden zu laufen. Also im Wohlfühltempo zwischen 5:20 und 5:45 min/km. Das klappt zunächst auch super.

Tückische Anstiege

Ich kenne ja inzwischen die tückischen, langen Anstiege auf dem Weg nach Osten. An den entsprechenden Stellen nehme ich etwas Tempo raus. Nach dem Bois de Vincennes geht es bis zur Halbmarathon-Marke wieder bergab. Dort laufe ich nach 1:56 ein, was okay ist, wenn ich diese Pace halten kann.

Läufer beim Paris-Marathon an der Place de la Concorde.

Kann ich aber nicht. Bis km 25 ist es noch ganz okay, doch dann wird‘s allmählich ekelig. Seit Monaten plagt mich beim Laufen eine doofe Stelle hinten am linken Oberschenkel. Irgendwas wird da hart und echt unangenehm. Eine Zeit unter vier Stunden wird unwahrscheinlich. Also kann ich bei km 30 auch die Gelegenheit nutzen und Selfies mit dem Eiffelturm machen.

Verabredungen am Streckenrand

Eine große Motivationshilfe sind die Fotoverabredungen mit meiner Frau. Bei Kilometer 35 erwartet sie mich. Zuvor hatte sie mich schon an der Opéra und am Chateau de Vincennes abgefangen, da war ich aber noch im Sportmodus und entsprechend im mentalen Tunnel.

Gut drauf an der Opéra.

Den habe ich längst verlassen. Es geht nur noch darum, den Schmerz anzunehmen und den Lauf zu genießen. Ans Aufgeben denke ich aber zu keiner Zeit. Seltsam, bei Zehnern steige ich aus, bei einem Marathon stellt sich diese Frage gar nicht. Laufe ich Marathons also zu langsam? Was mache ich falsch? Ich weiß schon, ich muss im Training länger und langsamer laufen…

Kilometer 35 naht, kurz stehen bleiben, weiterlaufen. Nur noch sieben Kilometer bis zum Ziel. Ist ja nicht viel, und es macht Spaß, mir die Leute anzuschauen und mit mir zu kämpfen. Da meine Uhr um 300 Meter „vorgeht“, walke ich immer vom von der Uhr angezeigten vollen km zum entsprechenden Streckenschild. So komme ich ganz gut durch.

Mein privater Trommler

Der Bois du Boulogne ist stimmungsmäßig ein kleiner Tiefpunkt, aber besser als in den letzten Jahren. Bei km 38 oder so steht eine afrikanische Trommelgruppe am Streckenrand. Ich fordere einen der Trommler auf, mich bis zum Ziel zu begleiten. Er läuft lachend und trommelnd neben mir her. Ich rufe: „Techno“, und er trommelt etwa hundert Meter lang einen Techno-Beat für mich, bevor er wieder zu seiner Combo zurückkehrt. Einen Kilometer später brauche ich keinen privaten Trommler mehr.

Am Eiffelturm.

Auf dem letzten Kilometer ist die Hölle los. Die Leute am Streckenrand brüllen, jubeln, klatschen. Die letzten paar Hundert Meter sind ein Meer aus Krach. Mir kullern ein paar Tränen aus den Augen. Kein Schmerz mehr, nur noch Freude und etwas Wehmut. Es ist dieser Moment, der mich immer wieder nach Paris zurückkehren lässt. Eine Kurve noch, dann erscheint der Zielbogen. Die Menge johlt und trommelt.

Im Ziel sind alle Schmerzen vergessen. Ich warte auf einen Krampf wie in Köln, der aber nicht kommt. Warum nicht? Hätte ich doch schneller gekonnt? 4:15 Stunden sind keine Offenbarung, aber auch kein Untergang. Ich muss ja gestehen, dass ich bei den langen Läufen nicht wirklich konsequent war. Der Halbmarathon in Bertlich war ein Zeichen, dass irgendwas fehlt.

Der letzte Marathon in Paris?

Und jetzt? War das jetzt wirklich das letzte Mal? Anfang April ist schon wieder Paris, diesmal außerhalb der Osterferien. Die Anmeldung läuft, ich hätte ja schon Bock. Aber es gibt noch andere Marathons, vor allem flachere und nähere.

Bei Kilometer 35 gute Miene zum schmerzhaften Spiel.

Aber will ich überhaupt noch einmal die Strapazen einer Marathon-Vorbereitung auf mich nehmen? Ich weiß, dass ich ja eher trainingsfaul bin und ohne konkretes Ziel ziemlich wenig laufen würde. Ich muss mal sehen. Kommt Zeit, kommt Motivation — oder auch nicht.

Die Stimmung lockt nach Paris

Warum überhaupt wieder Paris? Die Stimmung an der Strecke ist einfach Wahnsinn. Wer Berlin stimmungsmäßig mag, wird Paris lieben. Bis auf wenige Ausnahmen ist es rappelvoll entlang der Strecke. Die Menschen bilden stellenweise ein Spalier, wie sie es an den Anstiegen bei der Tour de France machen. Sie brüllen dich an, feiern, jubeln.

Medaille gut, alles gut.

Am Eiffelturm ist die Stimmung der Wahnsinn und wird beim Zieleinlauf noch mal übertroffen. Die Pariser mögen manchmal arrogant oder reserviert rüberkommen — beim Marathon behandeln sie dich wie einen Helden!

6 Antworten auf „Paris-Marathon 2021 — anstrengender Abschied“

  1. Noch mal Glückwunsch!

    So’n Städtemarathon würde ich in der Tat nur laufen, wenn das Publikum so drauf ist, wie hier von dir beschrieben. Somit ist der Marathon in meiner Heimatstadt schon mal raus. Da geht allenfalls ein HM.

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