Wer auf Facebook oder Instagram Profi-Läufern folgt, mag dem Irrglauben erliegen, Läufer würden nur laufen. Doch, dass selbst Profis eher Lauffotos von sich posten als Bilder vom Krafttraining, dürfte eher darin begründet sein, dass Liegestütze und Situps nicht zum Kerngeschäft eines Läufers zählen. Doch wichtig sind sie dennoch, denn wer als Läufer erfolgreich sein will, muss mehr trainieren als nur die Beine.
„Besonders wichtig ist eine stabile Körpermitte“, weiß Trainer Helmut Bezani, Inhaber der Laufschule Lauffieber Dortmund. Doch genau dort weisen viele Hobbyläufer eine Schwachstelle auf. „Bei sitzenden Tätigkeiten verkümmert die Stützmuskulatur zum Beispiel im Bereich der Lendenwirbelsäule“, so der Trainer.
Bürojob führt zu schlechter Haltung beim Laufen
Wenn du also einen Bürojob hast, kennst du vermutlich dieses Gefühl, als würde dir beim Laufen im unteren Rückenbereich etwas fehlen. Die Folge ist bei vielen Läufern eine fast sitzende Haltung beim Laufen, weil die Wirbelsäule dem Körper keine Stabilität verleiht.
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Das hat Folgen. „Durch die sitzende Haltung belastet der Läufer seine Knie und den Rücken zu stark und verlagert seinen Körperschwerpunkt viel zu weit nach hinten, was insgesamt sehr unökonomisch ist“, erklärt Helmut. Denn eigentlich sollte der Schwerpunkt dem Läufer einen Tick vorauseilen.
Den Oberkörper leicht nach vorne kippen
Das allerdings setzt voraus, dass der Oberkörper leicht nach vorne geneigt ist — und das hältst du nur durch, wenn du eine stabile Muskulatur in der Körpermitte, also im Bauch und im Lendenwirbelbereich hast. Und diese Muskulatur stärkst du mit Kraft- und Athletik-Training.
Doch wir Läufer sind ja von Natur aus faul, wenn es um Dinge geht, die nichts mit dem Laufen zu tun haben. Um Hanteln machen wir einen großen Bogen, Liegestütze sind doof, und fürs Fitness-Studio sind wir zu geizig. Und als berufstätige Hobbysportler sind wir ja auch nicht so wahnsinnig mit Freizeit gesegnet. Sprich: Die spärlichen Stunden, die uns zur Verfügung stehen, verbringen wir gerne beim Laufen.
Aber es gibt Möglichkeiten, wie du relativ problemlos auch Kraft- und Athletik-Training in deinen Tagesablauf integrieren kannst, ohne auf deine geliebten Läufe zu verzichten.
So integrierst du Kraft- und Athletik-Training in deinen Alltag
Es gibt Übungen, die du sehr gut zu Hause absolvieren kannst, einige sogar beim Fernsehen auf der Couch. Helmut Bezani verrät, welche das sind.
1. Reverse Situps
Eine hervorragende Übung für die mittleren und seitlichen Bauchmuskeln. Der Effekt ist derselbe wie bei herkömmlichen Situps, aber diese Übung ist wesentlich schonender für den Rücken.
Lege dich dazu ausgestreckt auf den Rücken. Anschließend hebst du die langgestreckten Beine in die Luft, etwa bis zu einem Winkel von 45 Grad. Achte darauf, dabei nicht ins Hohlkreuz zu gehen. Hebst du die Beine gerade nach oben, trainierst du die mittleren Bauchmuskeln. Hebst du die Beine schräg zur Seite, beansprucht das die beim Laufen sehr wichtigsten seitlichen Bauchmuskeln. Du kannst die Übung etwas aufpeppen, indem du den Kopf leicht vom Boden hebst. Du wirst sehen, Muskelkater ist garantiert.
2. Po heben
Noch so eine Übung, die du liegend auf der Couch absolvieren kannst. Wieder liegst du auf dem Rücken. Die Beine stellst du aber angewinkelt auf. Nun drückst du aus der Rückenmuskulatur den Hintern soweit nach oben, dass dein Rücken und deine Oberschenkel eine lange Gerade bilden. Die Arme bleiben dabei ausgestreckt neben dem Körper.
3. Kreuzheben
Achtung! Diese Übung muss sehr sauber durchgeführt werden, sonst drohen Schäden am Rücken. Außerdem benötigst du eine Langhantel.
4. Power Workouts in sieben Minuten
Hochintensives Intervalltraining ist total angesagt und vor allem für Berufstätige eine sehr effektive Möglichkeit, den ganzen Körper zu trainieren.
Am besten geht es mit einer Anleitung, die du als Handy-App oder etwa auch als YouTube-Video finden kannst.
Das Prinzip ist recht einfach: In Sieben Minuten absolvierst du in einem wirklich anstrengenden Zirkeltraining von Übungen à 30 Sekunden mit je zehn Sekunden Pause. Das Training lässt sich problemlos in der Wohnung absolvieren.
5. Planking
Fast schon ein Klassiker ist das Planking, bei dem du dich liegend auf den Unterarmen abstützt und den Oberkörper lang ausstreckst und steif machst. Um die Übung kontrolliert zu absolvieren, benötigst du unbedingt eine Stoppuhr.
Noch wirkungsvoller ist Planking, wenn du Varianten einbaust. So kannst du die Planke auch seitlich, nur auf einen Arm gestützt ausführen. Die „bäuchlings“ ausgeführte Variante solltest du läufergerecht abwandeln. Denn beim Planking trainierst du zwar die Rückenmuskeln, aber die Übung ist statisch. Beim Laufen bewegst du aber ständig das Becken. Daher solltest du die Unterarme statt auf den Boden auf ein Wackelbrett legen. Du wirst sofort spüren, wie deine Rückenmuskulatur ständig damit beschäftigt ist, deine instabile Lage auszugleichen — und das ist genau das, was du trainieren solltest.
6. Schwimmen
Ja, auch wenn es schwerfällt: Wenn du regelmäßig das Lauftraining gegen eine ausgedehnte Schwimmeinheit tauschst, trainierst du so ziemlich jeden Muskel in deinem Körper, ganz besonders aber die Körpermitte. Das Positive: Der Auftrieb des Wassers unterstützt dich dabei.
7. EMS
Du hast wenig Zeit, aber viel Geld? Dann lohnt sich ein Besuch im EMS-Studio. Die Abkürzung steht für Elektro Myo-Stimulation, die Muskeln werden also mittels elektrischer Reize stimuliert.
EMS ist ein Garant für schnelles Muskelwachstum. Die Trainingsform hat bloß zwei Nachteile: Einerseits den Preis – denn die Verträge sind meist sehr teuer. Und andererseits wachsen die Muskeln so schnell, dass Bänder und Knochen mit der Entwicklung nicht Schritt halten. Das ist insbesondere dann ein Risiko, wenn du mit EMS-trainierten Armen an echte Gewichte herangehst. Für die Körpermitte stellt das keine Gefahr dar.
2 Antworten auf „Kraft und Athletik: Warum Läufer nicht nur laufen sollten“