Dortmund trainiert für Olympia 2018 in Pyeongchang

Wer hätte gedacht, dass Dortmund eine Wintersport-Hochburg ist? Okay, Eiskunstläuferinnen kamen immer mal wieder aus der Westfalenmetropole. Aber zum Eislaufen benötigt man schließlich keine Berge. Bei „echtem“ Wintersport geht es auf Eis und Schnee bergab. Doch auch da ist Dortmund auf dem Weg an die Weltspitze— beim Bobfahren. Zufälligerweise kenne ich einige dieser Helden des Eiskanals. Meine Erkenntnis: Weltmeister und Olympioniken sind auch nur Menschen — und zwar nette.

Das Stadion Rote Erde und die Helmut-Körnig-Halle sind nicht unbedingt die Orte, an denen man Wintersportler vermutet. Hier geben Leichtathleten den Ton an, die auf den Tartanbahnen ihr Training absolvieren.

Laura Nolte wurde 2018 in St. Moritz Weltmeisterin in der U23.

Doch bei manchen Athleten trügt der Schein. Denn inzwischen holt sich eine erkleckliche Zahl von Bobfahrern und -fahrerinnen ihre Fitness an der Strobelallee.

Zu erkennen sind die Eiskanal-Hasardeure an ihren, nun ja, speziellen Trainingsmethoden. Wenn ihr ein Muskelpaket im Stadion Rote Erde die Treppenstufen der Haupttribüne hochspringen seht — das ist vielleicht Matthias Sommer, der sich eine Weile sogar berechtigte Hoffnungen auf das Olympia-Ticket machen durfte. Und wenn jemand aus dem Stand über eine viel zu hohe Hürde springt, ist das möglicherweise Bob-Pilot Pablo Nolte.

Mädchen, die auf der Tartanbahn beim Sprinten Gewichte hinter sich herziehen, können echte Sprinterinnen sein oder aber  die Pilotinnen Anna Köhler und Laura Nolte oder Anschieberin Erline Nolte.

Bob-Talente kommen aus Dortmund und Umgebung

Das Schönste daran: Die Jungs und Mädels sind quasi Dortmunder Eigengewächse, stammen aus Dortmund selbst oder aus Nachbarstädten wie Schwerte oder Unna.

Christopher Weber (links) will Olympiasieger werden. Ich (rechts) drücke ihm die Daumen.

Wie es dazu kommen konnte, dass Dortmund inzwischen einer DER Stützpunkte für den deutschen Bobsport geworden ist, habe ich hier und hier ausführlich erläutert.

Jetzt steht Olympia in Pyeongchang vor der Tür und drei Athleten mit Dortmunder Background stehen im Kader.

Anna Köhler und Erline Nolte bilden einen Zweierbob, quasi den Bob „Dortmund I“, zumal Anna nicht nur in der Bierstadt trIniert, sondern auch wohnt. In ihrem Wettbewerb sind sie das dritte deutsche Team hinter den Medaillen-Kandidatinnen Mariama Jamanka/Lisa Buckwitz und Stephanie Schneider/Annika Drazek (Deutschlands schnellste Anschieberin kommt auch aus dem Ruhrgebiet) und haben durchaus Chancen auf eine Platzierung unter den ersten Zehn. Im Video erklären die beiden, wie sie zum Bobfahren gekommen sind und was ihre Rollen im Bob sind.

Weltcup-Sieger und Medaillenkandidat Christopher Weber

Bei den Männern sitzt Christopher Weber mit Johannes Lochner in einem Schlitten — im Zweier- und im Viererbob. Dass Christopher eine oder sogar zwei Medaillen aus dem Eiskanal nach Dortmund bringen kann, gilt als nicht unwahrscheinlich, selbst der Platz ganz oben auf dem Treppchen ist denkbar. Ziel ist der Olympiasieg, den ich ihm von Herzen gönne.

Christophers Referenzen sind nicht die schlechtesten, denn er reist als stolzer Sieger des Gesamt-Weltcups im Viererbob nach Südkorea.

Weltmeistertitel aus St. Moritz mitgebracht

Apropos Treppchen: Während ganz Dortmund gebannt zum Rheinlanddamm und zum Westfalenstadion gestarrt hat, um zu wissen, wie es um das werte Befinden und die berufliche Zukunft von Herrn Aubameyang denn so bestellt ist, haben klammheimlich drei Dortmunder Athleten und Athletinnen Goldmedaillen und Weltmeistertitel gewonnen.

Auf der berühmten Naturbahn von St. Moritz raste Pilotinnen-Nachwuchshoffnung Laura Nolte (kommt aus Unna, ist ehemalige Sprinterin bei der LGO Dortmund und trainiert noch in Dortmund) bei der Junioren-WM auf den zweiten Gesamtrang und holte zusammen mit ihrer Anschieberin Lavinia Pittschaft den WM-Titel in ihrer Altersklasse!

Und einem Tag später setzte Pablo Nolte an den Lenkseilen seines Viererbobs und unter anderem mit den Anschiebekünsten von Matthias Sommer noch eins drauf und gewann auch die Goldmedaille, während der ebenfalls in Dortmund trainierende Bennet Buchmüller auf den Bronze-Rang fuhr (mehr über das erfolgreiche Bob-Wochenende).

Mit ihnen fing es an: Bennet Buchmüller und Pablo Nolte beim Sommertraining.

Dass der WM-Titel für Matthias wohl nur ein Trostpflaster nach der verpassten Quali für Olympia ist, sagt einiges über die Qualitäten des Anschiebers.

Hallo? Dortmund hat einen Weltcupsieger und drei Junioren-Weltmeister! Und bald vielleicht sogar eine olympische Medaille! Und übrigens: Wenn Laura Nolte hält, was sich Experten von der 19-jährigen versprechen, reden wir nicht mehr lange „nur“ von Jugendtiteln.

Mit Dortmunder Sportlern geht es schnell bergab

Es geht also kräftig und vor allem schnell bergab mit Dortmunds Sport — hoffen wir, dass es so bleibt! Nachwuchssorgen gibt es offenbar nicht, denn die Bobfahrer fixen immer mehr Leichtahtleten an, die erkennen, dass sie in ihrem Sport irgendwann an Grenzen stoßen. Die ehemalige Sprinterin Stefanie Pähler ist auch bereits zu den Wintersportlern gewechselt und Vanessa Mark sucht ebenfalls ihr Glück im Eiskanal.

Eines der Dortmunder Bob-Trainings-Teams, v. li.: Trainer Marcus Hoselmann, Steffi Pähler, Christopher Weber, Laura Nolte.

Am besten gefällt mir allerdings, dass diese Spitzenathleten ohne nervige Allüren auskommen. Im Gegenteil, ich fühle mich immer wieder geschmeichelt, wenn mich echte Hochleistungssportler fragen, wie es mit meiner Lauferei steht und was ich so vorhabe. Da stehen wir dann, so ganz Sportler unter sich *hüstel*, der Eine zahlt Startgeld für seinen nächsten Wettkampf, der oder die Andere hat das Olympia-Ticket in der Tasche und den offiziellen Trainingsanzug am Leib.

Und wenn ich dann Erline vom Paris-Marathon und dem Stilfser Joch erzähle, stöhnt sie, verdreht die Augen und ruft: „Ey, Anna, der will 42 Kilometer ’nen Berg rauflaufen! Ich könnte das ja nicht!“ Und ganz, ganz kurz fühle ich mich ein bisschen so, als wäre ich ein echter Sportler. Danke dafür!

Olympioniken sind eben auch nur Menschen — und zwar sehr nette.

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