Das Stadion Rote Erde muss öffentlich bleiben!

Seit einigen Tagen herrschen neue Sitten im bei Dortmunder Sportlern so beliebten Stadion Rote Erde. Der Hausmeister führt nun Listen darüber, wer das Stadion nutzt und ob der Nutzer Leistungs- oder Hobbysportler ist. Denn die vielen Freizeitläufer sind einigen Trainern wohl ein Dorn im Auge.

Mit Klemmbrett und Kugelschreiber bewaffnet erfasst der Hausmeister im Stadion Rote Erde nun jeden, der dort auf der Bahn Sport treiben möchte. Auf der Laufbahn stehen Schilder, dass die ersten vier Bahnen den Leistungssportlern vorbehalten seien, Hobbyathleten sollen auf die vier äußeren Bahnen ausweichen.

Unfall zwischen Nachwuchsathleten und Hobby-Sportler?

Der Grund für die neuen Maßnahmen war laut Gerüchten offenbar ein Unfall, bei dem ein unaufmerksamer (älterer?) Hobbysportler mit einem Nachwuchsathleten zusammengestoßen war, wobei sich der junge Mann verletzt hatte. Laut anderer Infos haben sich einige Trainer darüber beschwert, dass Hobbyläufer ihre Dauerläufe auf den Innenbahnen absolvieren und so die EM-Vorbereitungen der Leistungssportler störten.

Der Fall wurde bis ins Rathaus eskaliert, wo man auf die Idee mit der Strichliste und den getrennten Bahnbereichen kam, um einerseits zu erfassen, wer alles die Bahn nutzt und andererseits Zusammenstöße zu vermeiden – und eine Lösung zu erarbeiten.

Das Training auf der Tartanbahn ist auch für Hobbyathleten wichtig.

Das ist schön gedacht, aber bei meinem Intervalltraining am Mittwoch war es so, dass die für so ein Training sehr hilfreiche und daher bevorzugte Bahn 1 (weil die nun mal 400 Meter lang ist) die einzige durchgehend freie Bahn war. Vor der Gegengeraden trainierten auf Bahn 3 einige Sprinter. Vor der Haupttribüne waren die Bahnen 5 bis 8 von der Kinderleichtathletik besetzt. Später stellten noch Hürdenläufer ihre Hürden auf einer Außenbahn auf – wie üblich. Kein Mensch, weder Profi noch Amateur, außer mir nutzte Bahn 1.

Bahntrennung funktioniert nicht – und ist Unsinn

Streng genommen hätte ich also gar nicht laufen dürfen/können. Denn wie alle strikten Lösungen, hat auch die Lösung mit der Bahntrennung einen Haken: Sie funktioniert nicht.

Ich weiß nicht, wie viele Stunden ich schon in der Roten Erde damit verbracht habe, meinen Kindern und den Leichtathleten beim Training zuzuschauen. Was mir dabei immer auffiel: Fast kein Mensch nutzt Bahn 1.

Sprinter laufen vor der Haupttribüne auf den Bahnen 4-8. Die 400-Meter-Läufer trainieren meist vor der Gegentribüne und nutzen dort lieber die mittleren Bahnen, weil die den angenehmeren Kurvenradius haben. Die Hürdenläufer bauen ihre Hindernisse auf Bahn 7 und 8 auf. Auf den Bahnen 1 und 2 herrscht: Leere.

Erst am frühen Abend, wenn die Mittel- und Langstreckler die Bahn betreten, wird der Verkehr auf den Innenbahnen dichter. Dann kann es dort wirklich sein, dass Hobbysportler im Weg sind und das Training der Leistungssportler behindern.

Durch die sich nun andeutende strikte Lösung fürchten auch ambitionierte Freizeitsportler nun um die Rote Erde als Trainingsstätte. Klar, tagsüber ist auf der Bahn schön viel Platz. Da sind ja auch alle arbeiten oder in der Schule oder Uni. Bleibt nur der Nachmittag/Abend. Da ist es natürlich voll.

Rücksichtnahme hilft auch beim Teilen der Rundbahn

Gegen Zusammenstöße zwischen Amateuren und Profis helfen meiner Meinung nach keine Sperrungen, sondern nur Respekt und Rücksichtnahme. Und ja, da sind eher wir Freizeitsportler gefragt als die Leistungssportler. Es ist gerade der Reiz der Roten Erde, als Sportler anderen Sportlern beim Training zuschauen zu können oder sogar sich gegenseitig anzufeuern. Die beißen alle nicht, und es ist immer wieder toll, dass selbst ein Nachwuchs-Sportler, der zig mal schneller ist als man selbst, in der Lage ist, die Leistung anzuerkennen.

Nur für Leistungssportler — ein Überbleibsel der Hallenmeisterschaften in der Helmut-Körnig-Halle.

Nur im Weg stehen sollte man halt nicht. Dazu gehört, dass man in der Tat überlegen sollte, ob die Rundbahn der richtige Trainingsort ist, wenn da der Express mit dem Talente-Team der LG Olympia unterwegs ist. Natürlich kann es da leicht passieren, dass man denen vor den Füßen her läuft.

Doch selbst das lässt sich verhindern. So eine Bahn ist ja nur 400 Meter lang und sehr gut überschaubar. Wenn ich beim Laufen also sehe, dass da noch andere, schnellere Läufer unterwegs sind, dann habe ich da gefälligst Rücksicht drauf zu nehmen. Heißt: Ich habe ein Auge darauf, wo die gerade sind. Kleiner Tipp: Wenn man sie nicht sieht, sind sie vermutlich hinter einem. Also: Schritt auf den Rasen oder mal eben rüber auf Bahn 3, den Zug an einem vorbeirasen lassen, weitermachen.

Hobbysportler sind einigen Trainern offenbar ein Dorn im Auge

Ich habe allerdings die Befürchtung, dass es um Grundsätzliches geht. Die Hobbyathleten sind einigen Trainern ein Dorn im Auge. Es wird ein Konflikt aufgemacht zwischen Hobbysportlern und Leistungssportlern. Dabei muss allerdings die Frage gestattet sein, wer sich Leistungssportler nennen darf und wer nicht. Wikipedia sagt, ein Leistungssportler betreibe einen hohen zeitlichen Aufwand und verfolge das Ziel, bei Wettkämpfen erfolgreich zu sein. Der Brockhaus (ja, den gibt es noch!) führt zum Leistungssport zusätzlich die Anbindung an Vereine, Verbände und andere Organisationen an. Es gibt sicherlich Hobbysportler, die stärkere Leistungen erbringen als ein Vereinssportler auf Bezirksklassen-Niveau. Und der soll nun besser gestellt sein, weil er ein Trikot trägt?

Im Falle der Roten Erde ist klar, wer gemeint ist: die Athletinnen und Athleten der LG Olympia Dortmund, also Dortmunds leichtathletische Aushängeschilder, die regional, national und international um Plätze und Medaillen kämpfen.

Dass diese Jungs und Mädels optimale Trainingsbedingungen benötigen, sollte logisch sein.

Das Stadion Rote Erde ist öffentlich – die Laufbahn ist kein Golfplatz

Doch die Laufbahn ist kein Golfplatz, auf den man erst darf, wenn man die Platzreife erlangt hat. Und solange das Stadion Rote Erde ein kommunales Stadion ist, gehört es den Bürgern der Stadt Dortmund und muss auch theoretisch von allen während der Öffnungszeiten genutzt werden können. Vielleicht sorgt ja das hoffentlich bald fertige Stadion in Hacheney für Entlastung. Oder, liebe Stadt Dortmund, wie wäre es, das Goystadion und weitere Anlagen mit gescheiten Bahnen auszustatten? Asche ist zwar echter Ruhrpott-Kult, aber trotzdem auch voll Achtziger!

Das neue Leichtathletikstadion in Hacheney soll die Rote Erde entlasten.

Ich habe schon oft gegrummelte Klagen von Trainern gehört, die sich über normale Menschen oder gar Schulsport in der Körnig-Halle oder der Roten Erde beschwert haben. Dazu kann ich nur sagen: Rücksichtnahme ist keine Einbahnstraße. Schulsport muss nun mal während der Schulzeiten stattfinden und für viele Schulen ist die Körnig-Halle die nächstgelegene Halle. Andersrum staune ich in der Halle immer wieder, wie langsame Läufer die Chuzpe haben können, auf der Rundbahn zu schleichen und den wirklich sehr begrenzten Platz zu blockieren. Da schadet ein offenes, aber freundliches Wort auch nicht. Wenn sich ein Schleicher als renitent erweist, kann immer noch der Hausmeister helfen.

Mein Vorschlag: Wer innen läuft, muss Tempo machen

Doch zurück zu Roten Erde. Statt dort die halbe Bahn für Hobby-Sportler zu sperren, sollten alle Nutzer einfach mal bestimmte Regeln verinnerlichen. Dazu gehört, dass der abendliche Schnuffellauf mit Stöpseln in den Ohren nicht auf Bahn 1 oder sonst wo innen gelaufen werden sollte, wenn dort schnelle Läufer unterwegs sind. Überhaupt: Auf einer Bahn mit Ohrstöpseln zu laufen ist ungefähr genauso gefährlich wie am Steuer eine SMS zu schreiben. Und wer meint, ohne Musik nicht laufen zu können, muss das halt lernen.

Bei Intervallen macht man seine Geh- oder Trabpause NICHT auf den Innenbahnen. Und wenn man merkt, dass man ein Hindernis ist, verlässt man die Bahn bitte ebenfalls.

Eines darf aber auf keinen Fall passieren: eine Verbannung von Hobbysportlern und ambitionierten Freizeitsportlern auf Zeiten, zu denen sie nicht können (Arbeit, Schule, Uni…). Wenn die Rote Erde ihren Charakter als öffentliches Stadion verliert, kann die Stadt die Hütte auch an den BVB verkaufen. Dann gute Nacht.

4 Antworten auf „Das Stadion Rote Erde muss öffentlich bleiben!“

  1. Hallo Stefan,
    ich bekomme einen Schreck, denn ich nutze die Rote Erde seit 10 Jahren fürs Intervalltraining (sonntags übrigens die Bahn an der Eintracht Halle) und würde zu den Stoßzeiten nur in Ausnahmen dort laufen. Auch drehe ich dort nach meinen Läufen manchmal noch eine Runde bevor es heim geht. Als Dortmunder Junge ist das Stadion Rote Erde ein besonderer Ort für mich. Ich stimme Dir zu, dass wir – also ambitionierte Hobbyleistungssportler ohne Vereinszugehörigkeit – weiterhin dort laufen sollen. Rücksichtnahme unter Sportler ist für mich selbstverständlich. Ich bin mir auch sicher, dass es bestimmt in der Vergangenheit Zusammenstöße zwischen Vereinssportlern gegeben haben wird. Oder diese es auch zukünftig geben wird. Führen diese dann auch zu einer Verbannung aus dem Stadion und gar aus dem Verein?!
    Sportliche Grüße
    Georg

  2. Hallo Stefan, vielen Dank für diesen Bericht den ich vollends teile. Ein Jahr ist vergangen und das Stadion Rote Erde ist nur noch für Kaderathleten verfügbar. „Sportstadt“?!

    VG
    Simon

    1. Ja, und Hacheney ist für die Öffentlichkeit auch noch zu. Momentan kann man das ja mit Corona begründen, bin aber gespannt, wie es weitergeht.

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