Auf zum Antelope Canyon Ultra – ein Trainings-Blog

Oh, mein Gott!!! Wie konnte das nur passieren? Ich bin schwanger! Also so ähnlich. Ich habe ab heute exakt neun Monate Zeit, dann kommt: er. Ein echter Brocken. 80 Kilometer lang. Ich habe Respekt – und weiß nicht, wie ich trainieren soll. Ich weiß nicht, ob ich das wirklich durchziehen kann. Ich brauche eure Hilfe!

Eine Schnapsidee! Nur ohne Schnaps. Trotzdem total behämmert. Wenn ich selbst und Teile meines Umfelds mich schon für verrückt hielten, als ich den Entschluss verkündete, das Stilfser Joch hochlaufen zu wollen, müssen mich spätestens jetzt alle für komplett durchgeknallt halten.

Ich will Ultra werden!

Ich verpasse mir ein läuferisches Upgrade. Ich will aufsteigen, die Liga wechseln, meinen Horizont erweitern, auf zu neuen Ufern laufen. Kurz: Ich will Ultra werden.

Durch diese hohle Gasse muss er laufen. Foto: easyamerica.de

Nein, keiner der Typen, die beim Fußball Pyro zündeln und 90 Minuten Fahnen schwenken. 90 Minuten – pah! Ultra-Läufer will ich werden. Also weiter als 42,195 Kilometer laufen.

Bekloppt. Absolut bekloppt. Warum bloß? Naja, die Antwort macht es nicht minder bekloppt.

Geschenk zum Läufer-Jubiläum

Das war nämlich so: Vor zwei Jahren oder so überlegte ich, was ich mir zu meinem Läuferjubiläum schenken könnte. Zehn Jahre, da kann man sich ja mal was gönnen. Irgendeinen besonderen Lauf, einen Marathon – natürlich. Ich liebäugelte kurz mit New York, dachte an Tel Aviv, Jerusalem und San Francisco. Ja, selbst Pyöngyang hielt (und halte) ich nicht für komplett abwegig.

Ich googelte so vor mich hin, welche Läufe es denn so in den USA gebe. Der „Run with the horses“-Marathon in Wyoming klang verlockend. Der Hopi-Run ebenfalls. Ist zwar nur ein Zehner, aber die Hopi sind ein sehr zurückgezogen lebender Indianerstamm und der Lauf ist eine der wenigen Gelegenheiten, als Weißer eine ihrer Siedlungen besuchen und fotografieren zu können.

Antelope Canyon zieht mich in seinen Bann

Und dann kam er. Es war Liebe auf den ersten Klick. Der Antelope Canyon Ultra sprang mich an, fesselte mich und ließ mich nicht mehr frei. Wie hypnotisiert schaute ich auf die Bilder.

Ich kenne die Gegend um den kleinen Ort Page in Arizona nur sehr oberflächlich. Es gibt dort sehr viel zu bestaunen, ich habe bislang sehr wenig davon gesehen. Die gigantische Rainbow Bridge konnte ich zwei mal besuchen. Aber Horseshoe Bend und Antelope Canyon kenne ich nur von Fotos. Das soll sich nun ändern.

Der Antelope Canyon liegt im Navajo Reservat. Der Stamm ist in den vergangenen Jahren äußerst geschäftstüchtig geworden und weiß, aus den Naturschönheiten in seinem Land ordentlich Kapital zu schlagen. Sie haben es sich verdient, wie ich finde.

Hochbetrieb im Antelope Canyon wie in Paris

Nun ist es aber so, dass die Navajo mittlerweile so viele Touristen durch den Antelope Canyon schleusen, dass es dort offenbar zugeht wie auf den Champs Elysées, wenn Paris-Marathon ist.

Aber es gibt ja den Lauf… An dem nehmen nicht so viele Leute teil, es dürfte also leerer im Canyon sein. Das ist so, als wolltest du immer mal die Mona Lisa sehen, und dann bietet dir jemand eine nächtliche Privatführung durch den Louvre an. Machen!!!

Kurz die Daten gecheckt. Welche Strecken gibt es? Aha, Halbmarathon, 55 km, 50 Meilen, 100 Meilen. Für einen Halbmarathon fliege ich nicht in die USA, denke ich. Außerdem führt die „Sprint-Distanz“ gar nicht durch den Canyon. Die 55 km wirken sympathisch. Ich beschließe, den Lauf nicht aus den Augen zu verlieren.

Anmeldung in den Dolomiten

Vorspulen bis zum 7.6.2019: Links neben mir ragt zackig der Langkofel in den strahlend blauen Himmel, rechts thront die mächtige Sella am Ende des Grödnertals. Mittendrin: ich.

Am Fuße des Langkofels melde ich mich für den Antelope Canyon Ultra an.

Dass morgen der Saslong-Halbmarathon ansteht, ist in der wunderschönen Landschaft der Dolomiten gerade völlig in den Hintergrund gerückt. Denn ich habe es getan! Ich habe soeben ein gefühltes Dutzend Online-Formulare ausgefüllt und dann meine Kreditkartennummer ins Handy getippt. Sekunden später bin ich um 213,80 Dollar ärmer und um rund neun Monate Vorfreude reicher. Antelope Canyon – ich komme!!!

Sofort bereue ich es. „Ohmeingottohmeingottohmeingott“, denke ich hysterisch.

Doch um ehrlich zu sein, kann ich es kaum erwarten. Morgen ist Halbmarathon in den Dolomiten. Ab sofort steht fest, dass dieser Lauf gewissermaßen der Startschuss zur Vorbereitung auf etwas ganz, ganz Großes sein wird.

Wohnmobil gebucht, Reiseroute geplant

Seit rund zwei Wochen steht fest, dass meine Frau und ich im März 2020 für 14 Tage in die USA fliegen werden. Wir haben ein unverschämt günstiges Wohnmobil bekommen. Fehlt noch der Flug nach Las Vegas. Ich habe Nächte damit verbracht, an einer Reiseroute zu basteln. Immer mit der Prämisse, am 13.3. zum Einschreiben in Page einzutreffen.

Das Wohnmobil für den USA-Aufenthalt ist gebucht.

Ich habe mich für die 50 Meilen angemeldet, weil ich herausgefunden habe, dass auch die 55 km nicht durch den Antelope Canyon führen. Also darf’s noch etwas mehr sein. Ich wende sogleich einen Trick an. 50 Meilen klingt deutlich kürzer als 80 Kilometer. Also: 50 ist die magische Zahl. Testweise muss ich mal vier Runden auf der Bahn laufen, um zu wissen, wie sich eine Meile so anfühlt.

Wie wird aus einem Marathoni ein Ultra?

Die Grübelei beginnt. Was soll ich machen? Wo fange ich an? Wie fange ich an? Wie steigere ich mich vom Marathoni zum Ultra?

In Rennberichten vom Antelope Ultra stand etwas von viel Sand und ein bisschen Kletterei. Wo bekomme ich Sand her? Ich brauche Dünen! Die gibt es weder in Dortmund noch im Sauerland. Trainingslager auf Baltrum? Muss ich jetzt doch mal in die Kletterhalle und ein bisschen üben? Brauche ich Krafttraining? Mentaltraining? Fragen über Fragen. Ich bin gleichermaßen ratlos und aufgeregt. Bis zum 14.3.2020 muss das alles auf die Kette bekommen haben.

Hilfe und Tipps willkommen!

Auf jeden Fall brauche ich Druck, liebe Community. Ich brauche euer Feedback, eure Tipps, eure Antworten und euer Interesse an meinen Fortschritten.

Darum werde ich nun wöchentlich über mein Training berichten.

Antelope Canyon – ich komme!!!

10 Antworten auf „Auf zum Antelope Canyon Ultra – ein Trainings-Blog“

  1. Stefan, Du bist der Hammer!

    Hatte ich nach Deinen alpinen (Halb-)Marathon-Ausflügen schon gedacht, besser wird es nicht, schaffst Du es erneut, mich eines Besseren zu belehren.

    Du hast Dir eine anspruchsvolle, krasse Herausforderung gesucht – und gefunden. Ich bin gespannt, wie Dein Training in den nächsten Monaten läuft und freue mich über Deine Berichte.

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